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Neues Blatt aus der Bodleian Library für den Psalterkodex sa 2033 (BC sa 101)

Eine der wichtigsten Aufgaben des Projektes „Digitale Gesamtedition und Übersetzung des koptisch-sahidischen Alten Testaments“ ist es, sowohl neue als auch bereits bekannte koptische Blätter mit ihren ursprünglichen Kodizes virtuell zusammenzuführen. Das Göttinger Fotoarchiv besitzt mittlerweile eine reiche Sammlung farbiger Digitalisate von koptischen Handschriften, welche die Arbeit an den zerstreuten Fragmenten enorm erleichtert. Wie bereits 2016 von Frank Feder annonciert,[1] hat die gute Zusammenarbeit der Teams von Münster und Göttingen dazu geführt, dass alle biblischen Fragmente einem gemeinsamen Nummerierungssystem folgen, bei dem die Sigel für das Neue Testament aus der SMR-Datenbank des Instituts für Neutestamentliche Textforschung beibehalten werden, während für das Alte Testament neue Sigel, die mit sa 2000 aufwärts beginnen, vergeben werden. Siegfried G. Richter (Münster) und Frank Feder (Göttingen) haben dieses neue Nummerierungssystem „List of Coptic Biblical Manuscripts“ (= LCBM) benannt. In diesem und folgenden Blogs werde ich die LCBM-Sigel zusammen mit den Sigeln von Biblia Coptica (= BC) verwenden und immer nebeneinanderstellen. Dieser Blog ist der erste einer Reihe von kurzen Beiträgen, in dem ich unbekannte Komplementblätter bekannter biblischer oder liturgischer Kodizes ans Licht bringen möchte.

Ergänzung zu Kodex sa 2033 (BC sa 101)

Bereits im Jahr 2000 hat Karlheinz Schüssler begonnen unter dem Sigel sa 101 (LCBM sa 2033) Blätter und Fragmente eines koptischen Psalterkodex zusammenzuführen.[2] Insgesamt beschrieb er 21 meist fragmentarisch erhaltene Blätter, darunter zwei unidentifizierte Bruchstücke aus der Bibliothèque nationale de France. Der Kodex sa 101 (LCBM sa 2033) zeichnet sich durch eine bimodulare Schrift, 3-Strich , kurze , , ϥ, rundes , sowie ein mit roten Punkten in den beiden Bögen aus. Eine solche Schrift ist auch vom Psalterkodex sa 32[3] (LCBM sa 2054) bekannt. Beide Kodizes ähneln sich sehr stark im Schriftbild und sind, wie üblich für die Psalterkodizes, in einer Kolumne und mit stark variierender Buchstabenanzahl pro Zeile, zwischen 24 bis 30, geschrieben. Also ist es wichtig, Besonderheiten bei den beiden Kodizes festzustellen, die sie unverwechselbar machen. Nur fünf solche möchte ich hier hervorheben:

  1. Der Kodex sa 101 hat 35–36 Zeilen pro Seite, während Kodex sa 32 nur 29–32 Zeilen pro Seite aufweist.
  2. Beim Kodex sa 101 sind die Titel der Psalmen in kursiver Schrift geschrieben und von Doppelstrichen und Punkten dazwischen in Rot und Schwarz umrahmt. Jedoch sind die Titel der Psalmen im Kodex sa 32 in der gleichen Schrift wie der Haupttext und in roter Tinte geschrieben, ohne umrahmt zu werden.
  3. Die einzelnen Verse, Sätze oder Halbsätze werden im Kodex sa 101 durch eine Kombination von Punkten meistens am Ende der Zeile voneinander getrennt. Diese Kombination besteht aus einem kleineren schwarzen Punkt und einem größeren roten Punkt. Die beiden sind miteinander unmittelbar verbunden. Im Kodex sa 32 sieht man am Ende eines Verses nur einen großen roten Punkt.
  4. Die Paginierung und ihre Dekoration sind bei den beiden Kodizes gänzlich unterschiedlich, jedoch kann diese Besonderheit selten berücksichtigt werden, da oft die Ecken mit den Paginierungs- und Lagenzahlen fehlen.
  5. Bei den beiden Kodizes beginnt ein Psalterkapitel mit einer überdimensionalen farbigen Initiale. Im Kodex sa 101 ist diese Initiale prächtig mit Ranken und Tieren verziert. Farbige Tiere sind oft am unteren Rand gemalt. Außer der Initiale am Beginn eines Kapitels werden die Anfangsbuchstaben am Beginn eines Verses in Rot nachgezeichnet. Schwarz-rote Diples stehen oft am Beginn einer Zeile. Der zweite Kodex sa 32 charakterisiert sich hingegen durch große geflochtene und bunt bemalte Initialen, wobei die Anfangsbuchstaben der einzelnen Verse in keiner Weise dekoriert werden.

Je mehr markante Züge ein Kodex aufweist, desto leichter ist es, ein Fragment, das zu ihm gehört, zu identifizieren. Je schlechter ein Fragment erhalten ist, desto weniger markante Züge sind darauf zu entdecken. Daher ist die obige Checkliste besonders nützlich. Mit ihrer Hilfe konnte ich unter den sahidischen Fragmenten der Bodleian Library ein neues Komplementblatt zu Kodex sa 101 (LCBM sa 2033) entdecken. Das neue Blatt wird unter der Signatur Oxford, BL, Copt. d. 262 (P) aufbewahrt. Auf dem Rekto beinhaltet das Fragment Ps 139,8–13, wobei die Reste der überdimensionalen Initiale Alpha vom Beginn des Kapitels 140 auch zu sehen sind. Auf dem Verso befinden sich die Psalmverse Ps 140,6–10 und Ps 141,1–2.3*–4*. Die Schrift des Oxforder Fragmentes ähnelt sowohl sa 32 als auch sa 101. M.E. gehört das Oxforder Fragment zum Kodex sa 101. Folgende Gründe sprechen dafür:

  1. Von dem Oxforder Fragment sind heute nur 16 Zeilen erhalten. Da beim Fragment der obere Rand erhalten ist, ist es möglich die Vorderseite zu rekonstruieren und so die ursprüngliche Zeilenzahl zu ermitteln. Meine Rekonstruktion hat ergeben, dass einst das Oxforder Fragment 35 Zeilen auf der Vorderseite enthält.
  2. Der Titel des Psalmenkapitels 141 auf der Rückseite ist kursiv geschrieben und mit Doppelstrichen und Punkten dazwischen in Rot und Schwarz umrahmt.
  3. Eine Kombination von schwarzen und roten Punkten beendet Sätze und Verse.
  4. Da die obere äußere Ecke des Blattes abgebrochen ist, kann die Paginierung und ihre Dekoration in der Argumentation nicht berücksichtigt werden.
  5. Von dem Oxforder Fragment ist heute nur der innere und mittlere Teil erhalten geblieben. Also fehlen die Zeilenanfänge auf der gut erhaltenen Haarseite des Fragmentes, die das Verso darstellt. Auf der Fleischseite, die das Rekto darstellt, ist die Tinte gänzlich verblasst. Nichtdestotrotz sind Reste einer farbigen großen Alpha-Initiale mit einem Vogel gut zu erkennen.

 

 

Diese Argumente möchte ich mit den Fotos, die ich während meines Forschungsaufenthalts in Oxford im Juli 2018 gemacht habe, untermauern. Der Bodleian Library danke ich herzlich für die Erlaubnis, die Fotos online zu stellen.

Ohne Zweifel wird das Durchsuchen weiterer Bibliotheks- und Museen-Sammlungen koptischer Handschriften zusätzliche neue Komplementblätter zum Kodex sa 2033 (BC sa 101) zu Tage fördern.


[1] Feder, Frank, Rez. zu Karlheinz Schüssler, Das sahidische Alte und Neue Testament. Vollständiges Verzeichnis mit Standorten. Lieferung 3: sa 673–720. Wiesbaden 2010, in: Orientalistische Literaturzeitung 111 (2016), 310–314.

[2] Karlheinz Schüssler, Das sahidische Alte und Neue Testament, Biblia Coptica 1.4, Wiesbaden 2000, 25–36, sa 101.

[3] Karlheinz Schüssler, Das sahidische Alte und Neue Testament, Biblia Coptica 1.2, Wiesbaden 1996, 45–51, sa 32 und Biblia Coptica 1.4, Wiesbaden 2000, 120–122.

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